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Praxistipps für die Herausforderungen im Verwalteralltag

Barriere-Reduzierzung (§ 20 Abs. 2 WEG)

Beitrag vom 04.03.2021

privilegierte Maßnahmen

Barrierereduzierung

Mit der WEG-Reform hat der Gesetzgeber vier bauliche Maßnahmen privilegiert.

  • Barrierereduzierung
  • Elektromobilität
  • Einbruchsschutz
  • Glasfaserausbau

Für diese Maßnahmen braucht es nicht einmal den Willen der Mehrheit. Jeder Wohnungseigentümer kann die Maßnahmen auf eigene Kosten verlangen.

Anspruch auf privilegierte Maßnahmen

Bestimmte bauliche Veränderungen sind privilegiert (§ 20 Abs. 2 WEG), so dass jeder Wohnungseigentümer verlangen kann, dass sie beschlossen werden. Kosten und Nutzungen treffen dann allein ihn. Dieser Anspruch ist nicht grenzenlos, insbesondere kann beschlossen werden, wie die bauliche Veränderung durchgeführt wird.

Der Anspruch beschränkt sich auf das „Ob“ der Maßnahme, über das „wie“ der Durchsetzung entscheiden die Wohnungseigentümer per Beschluss. Dabei können Vorgaben zur konkreten Baudurchführung gemacht werden oder beschlossen werden, dass die Baumaßnahme insgesamt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wird.

Kostentragung

Die Kosten einer privilegierten Maßnahme hat stets der Bauwillige zu tragen, und zwar alle kausal auf der baulichen Veränderung beruhenden Kosten einschließlich der Folgekosten für Betrieb und Erhaltung. Im Gegenzug gebühren auch die Nutzungen allein dem Bauwilligen, also die Gebrauchsvorteile und Früchte. Das setzt voraus, dass eine exklusive Nutzung möglich ist. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei jeder anderen baulichen Veränderung.

„Da die Maßnahmen per Gesetz privilegiert wurden, und zwar unabhängig von individuellen Bedürfnissen des Bauwilligen, wird es nur in atypischen Fällen in Betracht kommen, Maßnahmen unter Berufung auf deren Unangemessenheit vollständig zu versagen.“ -Lehmann-Richter/Wobst (Hrsg.), WEG-Reform 2020, S. 288

Barrierereduzierung

Privilegiert sind zunächst bauliche Veränderungen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen (§20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG). Dies umfasst alle Maßnahmen, die für eine Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte Personen erforderlich oder auch nur förderlich sind. Dabei kann sich die bauliche Veränderung sowohl auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehen, das sich im Bereich der Wohnung befindet (z.B. tragende Wände), als auch auf das übrige gemeinschaftliche Eigentum (z.B. Eingangsbereich und Treppenhaus).

Beispiele

Anbringung von Rampen, Handläufen und Treppenliften, Ein- oder Anbau von Aufzügen, Türverbreiterungen, Beseitigung von Schwellen

Barrierereduzierende Maßnahmen können anlasslos verlangt werden. Auf die individuelle Betroffenheit des Wohnungseigentümers, seiner Angehörigen oder Mieter kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an.

Grenzen des Anspruchs

Der Anspruch besteht nicht grenzenlos. Zum einen können nur angemessene Maßnahmen verlangt werden, zum anderen sind die Veränderungssperren (§ 20 Abs. 4 WEG) zu beachten.

Angemessenheit der konkreten Maßnahmen

Welche Maßnahmen angemessen sind soll im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden. Im Ausgangspunkt ist eine Maßnahme angemessen, wenn ihre negativen Folgen bei wertender Betrachtung nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen. Da die Maßnahmen per Gesetz privilegiert wurden, und zwar unabhängig von individuellen Bedürfnissen des Bauwilligen, wird es nur in atypischen Fällen in Betracht kommen, Maßnahmen unter Berufung auf deren Unangemessenheit vollständig zu versagen. Daher werden in der Regel Alternativen für den Bauwilligen gefunden werden müssen.

Löst eine Baumaßnahme jedoch besonders hohe Folgekosten aus, kann sich die Unangemessenheit aus dem Haftungsrisiko der übrigen Wohnungseigentümer ergeben, wenn der Bauwillige keine geeigneten Sicherheiten stellt.

Veränderungssperren

Auch der Anspruch auf privilegierte Maßnahmen wird durch die Veränderungssperren beschränkt (§ 20 Abs. 4 WEG).

Somit dürfen bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt nicht gestattet werden und diese können auch nicht verlangt werden.

Quellen:

  • Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020
  • Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021 – Das neue Wohnungseigentumsrecht
  • EBZ Akademie, Massimo Füllbeck, WEG-Reform 2020 (WEMoG) für Praktiker
  • Teamplan, Dr. Melanie Kruse, Das neue WEG-Recht
  • haufe.de, bauliche Veränderungen nach der WEG-Reform
  • § 20 Abs. 2 WEG