privilegierte Maßnahmen (§ 20 Abs. 2 WEG)
Beitrag vom 11.03.2021
privilegierte Maßnahmen

Mit der WEG-Reform hat der Gesetzgeber vier bauliche Maßnahmen privilegiert.
- Barrierereduzierung
- Elektromobilität
- Einbruchsschutz
- Glasfaserausbau
Für diese Maßnahmen braucht es nicht einmal den Willen der Mehrheit.
Jeder Wohnungseigentümer kann die Maßnahmen auf eigene Kosten verlangen.
Anspruch, Kostentragung, Grenzen
Der Anspruch auf privilegierte Maßnahmen wurde im Newsletter Nr. 1 – 03/2021 – Barrierereduzierung bereits behandelt und gilt für die weiteren privilegierten Maßnahmen gleichlautend. Ebenso verhält es sich mit der Kostentragung und den Grenzen des Anspruchs.
Elektromobilität
Neben den Maßnahmen zur Barrierereduzierung sind bauliche Veränderungen privilegiert, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Das umfasst alle Maßnahmen, die es ermöglichen oder erleichtern, die Batterie eines Fahrzeugs zu laden. Also nicht nur die Anbringung einer Ladestation an der Wand (sog. Wallbox), sondern auch die notwendige Verlegung von Leitungen und Eingriffe in die Stromversorgung. Darüber hinaus beschränkt sich der Anspruch nicht auf die Ersteinrichtung sondern betrifft auch deren Verbesserung. Das Gesetzt ist nicht an das Elektromobilitätsgesetz gekoppelt und umfasst daher auch elektrisch betriebene Zweiräder und spezielle Elektromobile für Gehbehinderte.
Der Anspruch besteht nur, soweit eine bauliche Veränderung überhaupt erforderlich ist. Genügt dagegen die Benutzung des bestehenden Gemeinschaftseigentums, geht es um das Recht auf dessen Mitgebrauch.
Der Anspruch kann nicht wegen Kapazitätsproblemen der bestehenden Elektroinstallationen versagt werden. Die beschränkten Kapazitäten sind vielmehr nach angemessenen Regeln zu verteilen, etwa durch einen Gebrauchsbeschluss, der die Nutzungszeiten der Eigentümer regelt.
„Jeder Wohnungseigentümer kann die Maßnahme auf eigene Kosten verlangen.“ – Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, S. 248
Beispiel
Die bestehende Elektroinstallation erlaubt das gleichzeitige Laden von maximal zwei Elektroautos. Die Wohnungseigentümer A und B haben ihren Anspruch geltend gemacht und ihre Tiefgaragenstellplätze mit Ladestationen versehen. Das möchte nun auch Wohnungseigentümer C. Sein Anspruch ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil drei Elektroautos nicht gleichzeitig geladen werden können. Vielmehr sind die Kapazitätsprobleme durch einen Gebrauchsbeschluss zu lösen; es könnten etwa bestimmte Ladezeiten für A, B und C beschlossen werden. A, B und C könnten gemeinsam, aber auch weitere bauliche Veränderungen, damit künftig mehr als zwei Elektroautos gleichzeitig geladen werden können. Die dafür notwendigen Kosten müssen A, B und C gemeinsam tragen. Möchten später weitere Wohnungseigentümer Ladestationen errichten, haben sie einen Anspruch auf Mitgebrauch der verbesserten Elektroinstallation, müssen sich dafür aber an deren Kosten beteiligen.
Einbruchsschutz
Privilegiert sind auch bauliche Veränderungen, die dem Einbruchsschutz dienen. Das betrifft alle Maßnahmen, die geeignet sind, den widerrechtlichen Zutritt zu einzelnen Wohnungen oder zu der Wohnanlage insgesamt zu verhindern, zu erschweren oder auch nur unwahrscheinlicher zu machen.
Die Vorschrift gewährt aber keinen grenzenlosen Anspruch. Der Anspruch steht, wie auch die übrigen Privilegierungen unter dem Vorbehalt der Angemessenheit. Somit kann ein Wohnungseigentümer nicht verlangen durch bauliche Veränderungen eine Wohnanlage in ein hoch-Sicherheits-Gebäude umzubauen
Beispiel
Einbau eines Türspions, einer Gegensprechanlage, einbruchshemmender Türen und Fenster, zusätzliche Beleuchtung, Alarmanlagen, Errichtung von Zäunen und Mauern, Überwachungskameras (die DS-GVO steht dem nicht grundsätzlich entgegen, vgl. EuGH v. 11.12.2019 – C-708/18, ZD 2020, 148) und Kamera-Attrappen
Glasfaserausbau
Privilegiert sind schließlich alle baulichen Veränderungen, die dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen. Es geht dabei um Hochgeschwindigkeits-Internetanschlüsse. Dabei bezieht sich der Anschluss auf das Sondereigentum. Die bauliche Veränderung muss also darauf gerichtet sein, dass ein Wohnungseigentümer in seinem Sondereigentum einen solchen Internetanschluss nutzen kann. Somit werden alle dazu notwendigen Maßnahmen erfasst (z.B. die Verlegung von Kabeln im Erdreich, den Hausanschluss, die Verkabelung im Gebäude).
Quellen:
- Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020
- Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021 – Das neue Wohnungseigentumsrecht
- EBZ Akademie Massimo Füllbeck, WEG-Reform 2020 (WEMoG) für Praktiker
- Teamplan Dr. Melanie Kruse, Das neue WEG-Recht
- haufe.de, bauliche Veränderungen nach der WEG-Reform
- 20 Abs. 2 WEG